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Text aus dem Hals, Text aus der Magengrube, Text aus dem rechten Oberarm,
Brust-Ton. Also, der Brust Ton fällt sozusagen aus der Rolle der
,,Körpertexte" der Schriftstellerin Regina Ray. Und der Text
aus meinem rechten Oberarm, der nach einem Sturz seit einem Jahr
hauptsächlich aus Zement und Metall besteht, würde sicher anders
klingen als der aus Regina Rays Oberarm. Andererseits - ihr zarter Oberarm
erinnert sie an ein männliches Pendant, das auch ohne den Einfluß
einer Mucki-Bude ganz schön muskulös und stark ist. Eine
Erinnerung, die ich teilen kann. Aber das kann Regina Ray gleichgültig
sein. Die Baden-Württembergerin, 1955 geboren, gelernte Pädagogin
auf vielen Gebieten einschließlich Atem- und Sprechtechnik, lebt und
schreibt seit 1982 in Düsseldorf.Mitte der 90er Jahre gehörte sie
zum Gründungsstamm der Düsseldorfer Literaturzeitschrift
"Maultrommel", die leider nach wenigen Jahren ihr Erscheinen
einstellen mußte. Jetzt also ist im Ratinger Melina-Verlag das
Bändchen "Körpertexte" erschienen, freie Lyrik, lyrische
Prosa, angebunden an menschliche Körperteile. Deren Betrachtung von
außen und aus der Unterwasserbullaugen-perspektive gab den Anstoß
zu schriftstellerischen Miniaturen, die körperfroh und sinnenfroh sind
und nie weit hergeholt wirken. Zur Großen Zehe rechts heißt es:
"Die Sandaletten nehmen seine Kraft und Sonderstellung zum Anlaß,
zwischen ihn und den Rest der Welt (die anderen vier) einen Keil zu treiben,
der den ganzen Schuh hält." Das gilt wohl auch für die
Große Zehe links.
Saskia Niehaus aus Essen schuf die Zeichnungen zu den Texten; die
beiden Künstlerinnen haben sich im Künstlerdorf Schöppingen
kennengelernt. Am 20. September liest Regina Ray in der Reihe
"Montagsproaa" in der Orangerie von Schloß Benrath.
-Gerda Kaltwasser
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